Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
Artikel 3 des Grundgesetzes ist eines der grundlegenden Instrumente unserer Demokratie. Der Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, den Elisabeth Selbert 1949 erfolgreich durchsetzte, war ein Meilenstein für die Gleichberechtigung und die Rechte von Frauen und Mädchen. Heute, mehr als 70 Jahre später, steht die Frage im Raum, ob wir den Artikel 3 GG mit dem unklaren Begriff „sexuelle Identität“ erweitern sollen. Wir möchten eindringlich davor warnen, diesen Begriff in das Grundgesetz aufzunehmen – und zwar aus mehreren wichtigen Gründen.
Der Begriff „sexuelle Identität“ ist juristisch unbestimmt. Er umfasst eine Vielzahl von Selbstdefinitionen und sexuellen Präferenzen, die von Homosexualität über „Genderidentität“ (oder „Geschlechtsidentität“) bis hin zu individuellen Vorstellungen von Sexualität reichen. Diese vage Formulierung würde eine Rechtsunsicherheit erzeugen, die von Gerichten, Behörden und Institutionen zu verschiedenen Auslegungen führen könnte. Dies ist besonders problematisch, weil uneindeutige Verfassungsbegriffe die Rechtssicherheit gefährden und die Klarheit der bestehenden Gesetzgebung verwischen würden.
Es besteht die Gefahr, dass zweifelhafte Randgruppen diese unklare Formulierung ausnutzen, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen, die mit den ursprünglichen Zielen des Schutzes vor Diskriminierung und Gewalt wenig zu tun haben. Eine vage Definition könnte potenziell von Einzelpersonen oder Gruppen instrumentalisiert werden, die durch Selbstdefinition ihre Ansprüche rechtlich durchdrücken möchten – ohne ein wirkliches gesellschaftliches oder rechtliches Bedürfnis. Dies könnte zu tiefen juristischen und gesellschaftlichen Konflikten führen.
Homosexuelle Menschen sind in erster Linie geschlechtsbasiert diskriminiert – sie erleben Ausgrenzung und Gewalt wegen ihrer sexuellen Orientierung. Die bestehende Diskriminierungsschutzregelung im Grundgesetz bietet bereits umfassenden Schutz aufgrund des Geschlechts und der sexuellen Orientierung. Es ist entscheidend, dass homosexuelle Menschen auch weiterhin geschlechtsbasierten Schutz genießen – das bedeutet, dass ihre sexuelle Orientierung nicht durch einen Sammelbegriff wie „sexuelle Identität“ ersetzt werden darf, der keine klare rechtliche Grundlage bietet. Eine unklare Formulierung könnte den geschlechtsbasierten Schutz verwässern und dazu führen, dass gerade Menschen, die auf den Schutz durch das Geschlecht angewiesen sind, weniger rechtliche Sicherheit erfahren.
Selbstverständlich hat jeder Mensch ein Recht auf Schutz vor Gewalt – unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung oder „Genderidentität“. Der bestehende Schutz im Grundgesetz, insbesondere durch Artikel 1 (Menschenwürde), Artikel 2 (freie Entfaltung der Persönlichkeit) und Artikel 3 GG, stellt sicher, dass niemand aufgrund von geschlechtlicher Zugehörigkeit, sexueller Orientierung oder „Genderidentität“ diskriminiert wird. Es braucht daher keine unklaren Begriffserweiterungen, um gewaltbetroffene Menschen zu schützen. Der Schutz vor Gewalt sollte in einem rechtsklaren und verständlichen Rahmen erfolgen – ohne unnötige und potenziell gefährliche Veränderungen des Grundgesetzes.
Frauenrechte sind kein Minderheitenrecht, sondern ein zentrales Menschenrecht, das im Grundgesetz fest verankert ist. Eine Aufnahme des Begriffs „sexuelle Identität“ in Artikel 3 könnte zu einer Verwässerung dieser Rechte führen, da Frauenrechte durch unscharfe Begriffe als „Sonderrechte“ wahrgenommen werden könnten. Es wäre ein gefährlicher Schritt, wenn der rechtliche Schutz für Frauen und Mädchen durch einen unscharfen Sammelbegriff verwässert wird. Internationale Fälle belegen, dass es zu Konflikten kommt, wenn unklare Begriffe wie „sexuelle Identität“ oder „Genderidentität“ auf eine Stufe gestellt werden wie Geschlecht, das eindeutig definierbar ist.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
wir appellieren an Sie, den unbestimmten Begriff „sexuelle Identität“ nicht in das Grundgesetz aufzunehmen. Stattdessen sollten bestehende Schutzmechanismen durch klare und präzise Definitionen fortentwickelt werden. Der bestehende Diskriminierungsschutz durch Artikel 3 GG bietet bereits eine klare und rechtsverbindliche Grundlage, die den Bedürfnissen der Menschen gerecht wird – ohne vage Begriffe oder unklare Selbstdefinitionen.
Frauenrechte, der Schutz von homo- und bisexuellen Menschen und der Schutz vor Diskriminierung und Gewalt für alle müssen auch in Zukunft in einem klaren, überprüfbaren rechtlichen Rahmen garantiert bleiben. Wir regen an, dass Sie sich auf der Website www.grundgesetz-schuetzen.de zu weiteren wichtigen Aspekten dieser Frage informieren. Sie finden dort auch Faktenblätter und Argumentationshilfen.
Mit freundlichen Grüßen,
Sie möchten als Einzelperson Ihre Unterstützung für die Kampagne signalisieren und den Brief unterzeichnen? Vielen Dank! Wenn Sie als Organisation, Verein, Initiative oder Gruppe unterstützen wollen, senden Sie uns bitte eine E-Mail mit Ihrem Logo und dem Namen Ihrer Organisation.
„Rechte stärkt man nicht mit schwammigen Begriffen wie ‚sexuelle Identität‘, sondern mit klaren Gesetzen.“
Inge Bell,