Von den 65 Mitgliedern des Parlamentarischen Rats 1948/49 waren nur vier Frauen: Elisabeth Selbert, Frieda Nadig, Helene Weber und Helene Wessel. Elisabeth Selbert, Juristin und SPD-Politikerin, gilt als Architektin des Gleichberechtigungssatzes.
Ihr Antrag auf Aufnahme der Formulierung „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ stieß zunächst auf heftigen Widerstand. Viele Abgeordnete fürchteten, dass damit ganze Teile des Bürgerlichen Gesetzbuchs – in dem der Ehemann damals noch die Entscheidungsgewalt hatte – infrage gestellt würden.
Selbert ließ nicht locker. Sie mobilisierte Frauenverbände, sprach öffentlich über die Ungerechtigkeit der bestehenden Gesetze und ermutigte Bürgerinnen, sich einzuschalten. Mehr als 1.000 Briefe erreichten den Parlamentarischen Rat, in denen Frauen forderten, die Gleichberechtigung ins Grundgesetz aufzunehmen. Der öffentliche Druck zeigte Wirkung: Am Ende wurde der Satz in Artikel 3 Absatz 2 aufgenommen.
Um die Zustimmung zu sichern, schlug Selbert eine Übergangsregelung vor: Gesetze, die dem Gleichberechtigungssatz widersprachen, durften bis 1953 bestehen bleiben. Danach mussten sie angepasst werden.
Anfangs gab es Diskussionen, ob Artikel 3 Absatz 2 nur ein „politisches Programm“ sei oder bereits eine bindende Rechtsnorm. 1953 entschied das Bundesverfassungsgericht eindeutig: Der Gleichheitssatz ist verbindlich und muss angewandt werden.
1994 wurde Artikel 3 Absatz 2 um eine entscheidende Ergänzung erweitert:
„Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“
Im internationalen Vergleich war Deutschland mit dieser Verfassungsnorm ein Vorbild: Nur wenige Länder haben Frauenrechte ausdrücklich in ihrer Verfassung genannt. Meist begnügen sich Staaten mit allgemeinen Gleichheitssätzen, die Frauen in ihrer besonderen Benachteiligung nicht direkt adressieren.
Abschaffung der ehelichen Entscheidungsgewalt des Mannes
Umsetzung des Gleichberechtigungsgebots aus Art. 3 Abs. 2 GG; konkrete materielle Verbesserungen im Familien- und Zivilrecht.
Umsetzung von Art. 3 Abs. 2 GG im Familienrecht (1. EheRG)
Abschied von der „Hausfrauenehe“, Einführung des Partnerschaftsprinzips (§ 1356 BGB n. F.); beide Ehegatten dürfen erwerbstätig sein; Umstellung des Scheidungsrechts auf das Zerrüttungsprinzip; Ziel: volle Gleichberechtigung der Ehegatten.
Der Antrag war in der gemeinsamen Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat erfolglos. Der Begriff sollte „Homosexuelle, Bisexuelle und Transsexuelle“ umfassen.
Recherche: Gunda Schumann, LAZ reloaded e.V.
Drucksache 12/6000
Bundestag gedenkt „queerer Opfer des Nationalsozialismus“
Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman fordert in Pressemitteilung „sexuelle Identität“ in GG Art. 3
Dokumentation
Pressemitteilung Ferda Ataman
Einige CDU-Ministerpräsidenten befürworten GG-Änderung
Aufgrund des Gedenktags der Opfer von NS-Verbrechen wird Druck auf CDU-Politiker ausgeübt
Dokumentation der Strategie und der ersten prominenten CDU-Befürworter
Anlässlich der Bundestagswahl 2025 an die CDU/CSU gerichtete Kampagne
Die Kampagne zielt nicht nur auf die Änderung von GG Artikel 3, sondern zugleich auf GG Artikel 2.
Kampagnen-Website: www.zusammen-fuer-gerechtigkeit.de
CDU-Ministerpräsident Daniel Günther befürwortet GG-Änderung
Dokumentation
Berliner CDU-Ministerpräsident Kai Wegener bringt Antrag ein
Gesetzes-Antrag (Drucksache 313/25)
Mehrheit des Bundesrats beantragt beim Bundestag, „sexuelle Identität“ in Art. 3 aufzunehmen
Neben den Antragsstellern Berlin (Kai Wegener, CDU), Schleswig-Holstein (Daniel Günther, CDU), Nordrhein-Westfalen (Hendrik Wüst, CDU) und Mecklenburg-Vorpommern (Manuela Schwesig, SPD) stellen sich Hamburg, Niedersachsen, Bremen und das Saarland hinter den Antrag
Vorgang auf der Website d. Bundesrats
Beschlussdrucksache 313/25
Bündnis 90/Die Grünen bringen Gesetzentwurf für die Änderung des GG Artikel 3 in den Bundestag in erster Lesung ein.
Vorgang auf der Website d. Bundestags
Gesetzentwurf 12/2027
„Rechte stärkt man nicht mit schwammigen Begriffen wie ‚sexuelle Identität‘, sondern mit klaren Gesetzen.“
Inge Bell,Artikel 3 unseres Grundgesetzes schützt vor Diskriminierung und ist das Fundament der verfassungsrechtlichen Gleichstellung von Frauen – ein hart erkämpfter Erfolg! Dieser Schutz darf nicht durch unklare Begriffe wie „sexuelle Identität“ relativiert werden, deren rechtliche Bedeutung ungeklärt ist. Eine solche Ergänzung zerschießt die Kohärenz des Grundgesetzes und gefährdet den Verfassungsauftrag, bestehende Nachteile für Frauen aufgrund ihres Geschlechts zu beseitigen.
Dr. Isabel RohnerArtikel 3 des Grundgesetzes ist mehr als juristisches Detail – er ist das Fundament gleichberechtigter Demokratie. Elisabeth Selbert und die Frauenbewegung der Nachkriegszeit haben ihn erkämpft. Bis heute wirkt er als Schutzschirm für Frauen und Mädchen.